Profile, Gruppen oder Vernetzung?
Zuletzt aktualisiert 14. December 2016, 06:09
Unter dem Titel "Noch gruppt es sich nicht so gut auf Moodle!" habe ich bei den Methoden und Tools (hier) erste Anmerkungen dazu gemacht, wie ich mit dem neuen Konzept auf Moodle vorgehen wollte. Dabei habe ich zunächst festgestellt, dass ein Teil der Probleme dadurch entstehen kann, dass Moodle unterschiedlich in den Hochschulen und Universitäten implementiert ist. So gibt es beispielsweise an der Universität Potsdam die Möglichkeit, Blogbeiträge im Profil zu hinterlegen. Eine solche Möglichkeit gibt es bisher an der Hochschule München nicht.
Ein anständiges Profil
Wahrscheinlich ist das auch der Grund dafür, dass die Profile sehr unterschiedlich gehandhabt werden können. Mir war es jedenfalls ein Anliegen, dass das Profil im Rahmen des Kurses "Grundlagen der Erwachsenenbildung" nicht nur zur Kenntnis genommen wird, sondern damit als Einstieg in die Arbeit auf Moodle gearbeitet wird. Dem war die Aufgabenstellung (wie oben verlinkt) gewidmet.
Erlebt habe ich – zumeist im Rahmen dieses Kurses – eine äußerst nette und lebhafte Erledigung der Aufgabe. Die Studierenden fügt nämlich nicht nur ein Bild und vier Stichworte (Tags) ins Profil ein, sondern erklärten sich anhand der Stichworte. Und das manchmal durchaus auf sehr witzige Art und Weise. Was auch dazu führte, dass viele zum ersten Mal bewusst wahrgenommen hatten, dass sie überhaupt ein Profil auf Moodle haben.
Gruppen bilden - oder doch lieber vernetzen?
Meines Erachtens ist das grundlegende Problem auf Moodle aber dennoch, dass man typische Profileigenschaften, die im Bereich von Social Software üblich sind, nicht findet. Die Bildung von Gruppen war für mich ja nur eine provisorische Lösung, um eine Diskussion zu den Profilen anzuleiten. Viel spannender hätte ich es gefunden, wenn darüber bereits Vernetzungsaktionen stattfinden hätten können. Und damit meine ich nicht nur die Funktion, jemandem zu folgen oder andersherum in das eigene Netzwerk einzuladen, sondern vor allem die Möglichkeit des Teilens, Mit-Teilens und letztlich auch erwähnen von Dokumenten und Links.
Ein Überraschungshit
Dennoch: sowie Aufgabe von den Studierenden angegangen und gelöst wurde, war es für mich ein Überraschungshit, weil ich mit einer solchen Resonanz tatsächlich nicht gerechnet hatte. Insofern werde ich das künftig immer an den Anfang stellen, zumindest bei Seminaren, bei denen auch die Gewöhnung an Moodle eine wichtige Rolle spielt.
Noch gruppt es sich nicht so gut auf Moodle!
Gruppt es sich wirklich so gut auf Moodle? Ohne Zweifel hat Moodle tolle Funktionalitäten bezüglich einer Gruppenarbeit. Das gilt sowohl für die Ein- und Aufteilung, als auch für die differenzierte Zuordnung zu einzelnen Modulen während eines Seminars. Doch neben dieser theoretischen und durchaus auch der praktischen Ebene ist es gar nicht einmal so trivial für einen Dozenten, die Effekte zu erreichen, die zumindest ich aus den analogen Seminarzusammenhängen kenne und erreichen will.
So musste ich bereits bei meinem ersten neuen Seminar im Rahmen dieser Ausbildung damit experimentieren, um folgendes zustande zu bringen:
Die Teilnehmer sollen sich in Kleingruppen gegenseitig vorstellen und das eigene Profil ergänzen.
Gelöst habe ich das folgendermaßen:
- Ich habe in Moodle willkürliche Gruppen (fünf Stück) erstellen lassen.
- Diese habe ich in einer Gruppierung zusammengefasst.
- Die Aufgabenstellung ist als eigener Abschnitt beschrieben.
- Zur Aufgabe gehört ein Forum für die gemeinsame Diskussion, das nur für die entsprechenden Gruppenmitglieder (getrennte Gruppen) zur Verfügung steht. Es handelt sich also um fünf unterschiedliche Foren.
Die Teilnehmer*innen können jetzt ungehemmt in Kleingruppen diskutieren. Noch nicht gelöst aber habe ich, wie die Teilnehmer*innen erkennen, wer in der Kleingruppe jeweils ist (das werden Sie sicher über Nachfragen und Diskussionen lösen) und – das ist mir der wichtigste Punkt – wie sie ihre Profile sehen können. Und zwar sowohl vor, als auch nach der Diskussion.
An dieser Aufgabe muss ich also noch ein wenig tüfteln. Vielleicht werde ich um Hilfe bitten. Das wäre andererseits ein schönes Praxisbeispiel (als Aufgabenstellung) für den Kurs "Gruppen in Moodle".
Alles umgedreht, oder was?
Beginnen will ich mit meinen Überlegungen zum umgedrehten Klassenzimmer. Wobei das Wort Klassenzimmer für mich problematisch ist, weil ich ohnehin andere Lernsettings bevorzuge. Dazu habe ich auf meiner eigenen Webseite hier und hier längere Blogbeiträge verfasst.
Das normale Konzept
Das normale Konzept eines Flipped oder Inverted Classrooms geht davon aus, dass es vor einer Präsenzsitzung ein Video gibt, in dem Stoff erklärt und anschließend eine Aufgabe gestellt wird. Mit der gelösten Aufgabe und vor allem den dabei entstandenen Fragen und Anmerkungen kommen die Studierenden dann zur Präsenzsitzung. Diese wird wiederum dazu genutzt, dass die Studierenden selbst ihre Lösungen präsentieren und sich gegebenenfalls gegenseitig Feedback geben und korrigieren. Der oder die Lehrbeauftragte steht natürlich zur Verfügung, wenn fehlerhaft gelöst worden ist oder auch zusätzliche Fragen geklärt werden müssen. Christian Spannagel bezeichnet das auch als aktives Plenum und geht vor allem davon aus, dass Präsenzzeit eine viel zu wertvolle Zeit ist, als sie mit einer reinen Faktenvermittlung zu füllen. Pädagogisch und didaktisch gesehen ist das aktive Plenum wiederum eine sehr alte Konzeption, die analog noch "Lernen durch Lehren" (LdL, sehr früh schon Jean-Paul Martin) hieß.
Was ich gemacht habe ...
Bild: Stuhlkreis und aktives Plenum
Stuhlkreis und aktives Plenum: das sind mir persönlich wichtige Settings in analogen Seminarsituationen, von denen ich glaube, dass sie auch im digitalen Kontext wirksam sind, wenn man es richtig organisiert.
Foto: Birkenkrahe - Aktives Plenum auf Wikipedia. Verwendung unter den Bedingungen der Creative Commons (BY-SA).
... Was ich gemacht habe
Ich habe das Konzept des Inverted Classrooms in zweierlei Hinsicht modifiziert: als erstes habe ich begonnen, für meine Seminare Einführungsvideos zu erstellen. Diese haben neben einer konkreten Aufgabenstellung für die erste Präsenzsitzung aber auch den Charakter, das Kurskonzept als Blended-Learning Konzept zu erklären, weil viele Studierende nicht wissen, was damit gemeint ist. Zumindest nicht, was ich mir darunter vorstelle. Das hat bisher recht gut funktioniert und das Feedback der Studierenden war durchwegs positiv.
Bei meinem Blended-Learning Kursen gibt es eine relativ lange Phase, in der wir nicht ausschließlich auf Moodle arbeiten (manchmal unterbrochen durch Adobe-Connect Sitzungen). Hierbei bilde ich im Regelfall Vertiefungsgruppen, die relativ autonom einen bestimmten Aspekt des Themas vertieft erarbeiten. Die Ergebnisse muss ich ernst nehmen was ich im Regelfall dadurch tue, dass ich die zweite Präsenzsitzung der Präsentation dieser Ergebnisse widme. Insofern gestalte ich die zweite Präsenzsitzung als aktives Plenum, das im Idealfall auch durch die Studierenden selbst organisiert und durchgeführt wird.
Was soll ich sagen: Bisher war das jedes Mal ein echter Erfolg und zeigt zum einen, dass das Konzept auch in Variationen funktioniert, zum anderen, dass es dazu führt, dass die Studierenden eine unglaubliche Motivation für den Inhalt, aber auch dessen Präsentation und die Gestaltung dieser jeweiligen Präsenzsitzung entwickeln.